Podcast Folge 5: Chancen- und Risikomanagement im Projektmanagement
Chancen und Risiken begleiten uns unser gesamtes Leben und machen natürlich auch nicht vor unseren Projekten Halt. Sowohl in unserem Leben als auch in unseren Projekten möchten wir das Zepter in der Hand halten und uns nicht von Risiken kontrollieren lassen. Deshalb müssen wir die potenziellen Planabweichungen sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht transparent machen und steuern, wo es möglich ist.
In dieser Podcast-Folge gebe ich dir deshalb wichtige Methoden und Infos an die Hand, die dir helfen die Risiken in deinem Projekt zu identifizieren, zu analysieren, zu bewerten und zu steuern.
Wenn du am Ende der Folge angekommen bist, wirst du wissen
- was Risikomanagement ist,
- wie du Chancen und Risiken erfolgreich identifizierst, analysierst und bewertest,
- Wie du die notwendigen Maßnahmen definierst und aktiv steuerst,
- Wie du dein Risikoportfolio in Gänze trackst,
- und was Erfolgsfaktoren im Risikomanagement sind.
Jeder Projektleiter sollte schon so einige Berührungspunkte mit dem Risikomanagement gehabt haben. Zumindest unter den Begriffen Projektrisikoanalyse oder Risiko- und Chancenanalyse.
Doch was steckt hinter den Begriffen "Risiko" und "Risikomanagement"?
Kurz gesagt: Ein Risiko ist die negative Abweichung vom Plan. Im Projekt spricht man somit immer von einem Risiko, wenn ein Ereignis, den Projekterfolg gefährdet - etwa durch Verzögerungen im Projektzeitplan, eine Überschreitung des Budgets oder eine andere negative Auswirkung auf das Projektergebnis.
Ein Risiko ist die negative Abweichung vom Plan.
Risikomanagement ist der systematische Prozess der Identifikation, Analyse, Bewertung, Steuerung und Überwachung von Risiken, um sicherzustellen, dass die Ziele eines Projekts, eines Unternehmens oder einer Organisation in einem definierten Rahmen erreicht werden können.
Alles in allem lässt sich sagen, dass Risikomanagement dabei hilft Projektrisiken zu vermeiden, zu reduzieren oder zu transferieren und somit die Zielerreichung unterstützt und transparent darstellt.
DAS RISKIOMANAGEMENT FOLGT DEM PROZESS
1.
Risiken identifizieren
2.
Risiken analysieren
3.
Maßnahmen planen
4.
Maßnahmen kontrollieren
Dieser Prozess wird nicht nur einmal zu Projektbeginn durchgeführt, sondern über die gesamte Projektlaufzeit mehrmals wiederholt - spätestens bei jedem Meilenstein sollte dieser Prozess erneut durchlaufen werden, um den Status der bekannten Risiken festzustellen und neue zu identifizieren und aktiv zu kontrollieren.
An dieser Stelle möchte ich kurz erwähnen, dass je nach Projektmanagement Methodik das Regelwerk für erfolgreiches Risikomanagement auch leicht voneinander abweichen kann. Wir selbst praktizieren in den meisten Projekten klassisches Projektmanagement nach IPMA, was ihr im Folgenden vielleicht an den von mir genutzten Ausdrücken merken werdet. Die anderen Projekt Methodiken sind aber genauso korrekt und können von euch natürlich ebenfalls angewendet werden.
Die Risikoanalyse in Projekten basiert im Allgemeinen auf den Ergebnissen der Stakeholder bzw. der Umfeldanalyse und bildet die Grundlage für die Festlegung der Risikostrategie und die spätere Risikoüberwachung und -steuerung während der Projektausführung.
1. RISIKEN IDENTIFIZIEREN
Um Risiken im Projekt erfolgreich managen zu können, müssen diese zunächst einmal identifiziert werden. Am einfachsten lassen sich diese identifizieren, wenn man sein internes und externes Umfeld betrachtet.
Einige Risiken werden in der Regel im Rahmen der Stakeholder- oder Umfeldanalyse schon identifiziert. Oftmals im Rahmen einer SWOT-Analyse. Diese können für die Risikoanalyse auf jeden Fall übernommen werden. Eine SWOT-Analyse allein ersetzt jedoch keine dezidierte Risikoanalyse für das Projekt.
Für die Identifikation weiterer Risiken empfehlen wir verschiedene Kreativitätstechniken (z.B. Brainwriting, Mind Mapping, Kopfstandmethode, FMEA). Da ist der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Wichtig ist im ersten Schritt mit allen Stakeholdern und Projektteammitgliedern zu sprechen und von jedem einzelnen für seinen zu verantwortenden Bereich alle Risiken abzufragen.
Diese werden im ersten Schritt in einer Tabelle aufgelistet.
Im Anschluss wird zu jedem notierten Risiko auch die Ursache vermerkt sowie eine Klassifizierung vorgenommen.
Im Idealfall werden die Risiken direkt so formuliert, dass sie die Ursache beinhalten.
Zum Beispiel: Preiserhöhung durch Inflation oder Preiserhöhung aufgrund von internem Kostendruck. Das Risiko ist in beiden Fällen die Preiserhöhung. So kann später zu jedem identifizierten Risiko jedoch viel leichter die passende Maßnahme abgeleitet werden.
Hier ein Beispiel in welche Rubriken sich Risiken klassifizieren lassen:
- kaufmännische Risiken
- Ressourcen-Risiken
- technische Risiken
- politische Risiken
- Terminrisiken
2. RISIKEN ANALYSIEREN
Nach der Identifikation der Risiken werden diese näher betrachtet und im Hinblick auf die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schadenshöhe analysiert. Diese Analyse kann entweder qualitativ oder quantitativ erfolgen.
Bei der qualitativen Analyse wird gesagt, ob die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schadenshöhe z.B.
- sehr niedrig,
- niedrig,
- hoch oder
- sehr hoch ist.
Bei der quantitativen Analyse hingegen wird ein konkreter Prozentwert für die Eintrittswahrscheinlichkeit definiert. Zum Beispiel 90 % anstelle von „sehr hoch“.
Und die Schadenshöhe wird in Form eines Geldwertes definiert, z. B. 2.000 EUR Schaden anstelle von „niedrig“.
Im Unternehmen empfiehlt es sich immer eine quantitative Analyse durchführen und den Aufwand zu betreiben die Eintrittswahrscheinlichkeit und den Schaden konkret zu bestimmen. So lässt sich auch der Risikowert ermitteln, welcher Indikator für die Priorisierung der Risiken ist.
Der Risikowert setzt sich zusammen aus der Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert mit der Schadenshöhe. Hier ein Beispiel:
RISIKO 1
Eintrittswahrscheinlichkeit 40 % (0,4)
Schadenshöhe: 10.000 EUR
Der Risikowert sind 4.000 EUR
RISKIO 2
Eintrittswahrscheinlichkeit 60 % (0,6)
Schadenshöhe 6.000 EUR
Der Risikowert sind 3.600 EUR
Damit ist mein Risiko Nummer 1 höher zu priorisieren als Risiko Nummer 2.
3. MASSNAHMEN PLANEN
Nachdem die Risiken analysiert und bewertet wurden, ist es wichtig zu jedem Risiko entsprechende Gegenmaßnahmen auszuarbeiten und diese in der Risikotabelle zu ergänzen.
Diese werden im ersten Schritt in einer Tabelle aufgelistet.
Im Anschluss wird zu jedem notierten Risiko auch die Ursache vermerkt sowie eine Klassifizierung vorgenommen.
Hierfür gibt es diverse Strategien. Risiken können vermieden, verringert, begrenzt, übertragen oder akzeptiert werden.
Als präventive Maßnahme kann man das Risiko gar nicht erst eingehen (Strategie: Risiken vermeiden) oder die Eintrittswahrscheinlichkeit durch technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen reduzieren (Strategie: Risiken vermindern).
Risiken, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten sich im Vorfeld nicht reduzieren lassen, empfiehlt es sich korrektive Maßnahmen auszuarbeiten. Sprich Maßnahmen, die bei Eintritt zumindest die Schadenshöhe minimieren (Strategie: Risiken begrenzen).
Eine weitere korrektive Maßnahme wäre das Risiko auf dritte zu übertragen zum Beispiel durch den Abschluss einer Versicherung (Strategie: Risiken verlagern).
In bestimmten Fällen kann es auch sein, dass das Management ein Risiko in Kauf nimmt und keine Maßnahme dafür festgelegt werden muss. Dies sollte jedoch nur bei Risiken gemacht werden, die eine niedrige Eintrittswahrscheinlichkeit und eine geringe Schadenshöhe haben.
Je nach gewählter Maßnahme verringert sich die Eintrittswahrscheinlichkeit (präventiv)
oder die Schadenshöhe (korrektiv). Im besten Fall können für ein Risiko sowohl präventive als auch korrektive Maßnahmen entwickelt werden.
Inwiefern sich die Eintrittswahrscheinlichkeit oder die Schadenshöhe verringert, lässt sich ganz leicht ermitteln. Hierfür wird unter Berücksichtigung der entwickelten Maßnahmen erneut die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schadenshöhe geschätzt. Mithilfe dieser beiden Angaben kann wieder der Risikowert berechnet werden.
Wenn man den vorherigen Risikowert mit dem neuen Risikowert vergleicht, sieht man wie sinnvoll die ermittelten Maßnahmen sind.
Ein Anhaltspunkt dafür, welche der geplanten Maßnahmen umgesetzt werden sollen, ist außerdem, dass die Summe aus RWneu und den Kosten der Maßnahme kleiner sein sollte als der alte Risikowert.
4. MASSNAHMEN KONTROLLIEREN
Nachdem die Maßnahmen geplant und angestoßen wurden, ist es wichtig diese regelmäßig im Verlauf des Projektes zu überwachen und auszusteuern. Das Risikomonitoring sollte daher fester Bestandteil des Projektcontrollings sein. Jeder Projektleiter sollte im Zuge dessen prüfen, inwiefern die Risiken noch aktuell sind bzw. ob neue hinzugekommen sind und die Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe überprüfen und bei Bedarf anpassen. Die Ergebnisse des Risikomonitorings können Einfluss auf alle Projektpläne (z.B. Ressourcenplanung, Kostenplanung, Ablauf und Terminplanung) haben und deren Anpassung erforderlich machen. Wichtig: Risikomanagement ist keine einmalige Angelegenheit, sondern ein dauerhafter Bestandteil des Projektmanagements.
Die aktuelle Risikosituation ist auch Bestandteil des regelmäßigen Projektstatusberichts.
Kommen wir nun zu den Faktoren, die zu einem erfolgreichen Risikomanagement beitragen.
Denn im Projektverlauf gibt es viele Herausforderungen im Hinblick auf das Risikomanagement, die ihr geschickt angehen solltet.
- Bleibt bei der Risikobefragung der Stakeholder/Projektbeteiligen unbedingt hartnäckig – meist kommt erst gar nichts und dann auf einmal sprudeln sie förmlich alle los.
- Dokumentiert alle genannten Risiken und Maßnahmen und stimmt diese unbedingt im Nachgang nochmal ab - auch wenn es zeitintensiv ist. Die jeweiligen Projektbeteiligen müssen hinter der Bewertung stehen.
- Macht Chancen und Risiken transparent und dokumentiert und kommuniziert diese - immer wieder!
- Seid proaktiv!
- Schafft im gesamten Team Aufmerksamkeit für die Risiken und deren Konsequenzen
Eine transparente und effektive Kommunikation über Risiken ist entscheidend für den Erfolg des Risikomanagements und des Projektes. Hier sind einige Empfehlungen für euch da draußen als Projektleiter:
- Schaffe eine offene und vertrauensvolle Atmosphäre im Team, die es den Mitgliedern ermöglicht, Risiken ohne Angst vor negativen Konsequenzen zu kommunizieren.
- Halte regelmäßige Team- und Stakeholder-Meetings ab, um den aktuellen Stand der Risikolage zu besprechen. Ermutige das Team und die Stakeholder dazu, aktiv Feedback zu geben und ihre Perspektiven zur Risikolage zu teilen. Dies fördert die Zusammenarbeit und ermöglicht eine ganzheitliche Sichtweise auf mögliche Risiken.
- Definiere klare Kommunikationswege und -mittel für die Risikoberichterstattung im Team und gegenüber den Stakeholdern. Dadurch wird sichergestellt, dass relevante Informationen schnell und effizient geteilt werden. Sag die Meetings nicht ab, auch wenn es keine signifikanten Änderungen bei den Risiken gibt. Eine kontinuierliche Kommunikation schafft Vertrauen.
- Fokussiere die Kommunikation auf die wesentlichen Risiken, um eine klare Schwerpunktsetzung zu ermöglichen.
- Kommuniziere nicht nur die Existenz von Risiken, sondern erläutere auch die potenzielle Auswirkung auf das Projekt und welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Risiken zu bewältigen.
Erfolgreiche Projekte zeichnen sich oft durch eine proaktive Herangehensweise an die Identifikation, Bewertung und Bewältigung von Risiken aus, während Misserfolge häufig auf unzureichendes Risikomanagement oder fehlende Anpassung an sich ändernde Umstände zurückzuführen sind.
Das Risikomanagement bei der Öresundbrücke, die Dänemark und Schweden verbindet, gilt als besonders erfolgreich.
Das Projektteam führte eine gründliche Analyse der potenziellen Risiken durch, sowohl technischer als auch nicht-technischer Art. Dies umfasste finanzielle, politische und Umweltaspekte. Auf Basis der Risikoanalyse entwickelte das Team proaktive Pläne zur Risikobewältigung. Sie identifizierten nicht nur Risiken, sondern planten auch, wie sie mit diesen umgehen würden, falls sie auftreten sollten. Das Risikomanagement bezog auch langfristige Überlegungen ein, insbesondere in Bezug auf die Lebensdauer der Brücke. Dies schloss Wartung, Umweltauswirkungen und zukünftige Entwicklungen mit ein. Außerdem war die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Parteien, einschließlich Ingenieuren, Planern und politischen Entscheidungsträgern, gut koordiniert.
Die Kombination dieser Faktoren trug dazu bei, dass die Öresundbrücke nicht nur erfolgreich fertiggestellt wurde, sondern auch langfristig effektiv betrieben werden kann.
Ein Gegenbeispiel: Das Eurotunnel-Projekt, das den Ärmelkanal zwischen Frankreich und Großbritannien durch einen Tunnel verbinden sollte, erlebte erhebliche Schwierigkeiten, die auf Mängel im Risikomanagement zurückzuführen waren. Eines der Hauptprobleme war eine erhebliche Fehlkalkulation der Kosten. Die anfänglichen Schätzungen waren unrealistisch niedrig, und die tatsächlichen Kosten stiegen rapide an. Dies führte zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten für das Projekt. In diesem Fall fehlte eine angemessene Risikoabsicherung. Das Projektteam hatte Schwierigkeiten, sich vor den finanziellen Auswirkungen von Verzögerungen, Kostenüberschreitungen und anderen unvorhergesehenen Problemen zu schützen. Mangels Transparenz.
Ich hoffe, ich konnte dir heute leicht verständlich näherbringen, was Risikomanagement alles umfasst, warum es so wichtig ist und wie du in deinem Projekt am besten vorgehst.
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In wenigen Wochen erwartet dich auch schon die nächste Folge, in der ich meine persönlichen Ansichten mit dir teilen möchte, was du als Projektleitung dokumentieren musst und was nicht. Damit du dein Projekt auch effektiv und effizient steuern kannst
Dein Tobias – bis zum nächsten Mal!